Am Freitag um 10 Uhr wurde die Brücke im Innenhafen von Bridgetown extra für uns geöffnet. Wir segelten nach Port St. Charles. Dort klarierten wir aus und wollten früh morgens nach Martinique starten. Wir lagen vor Anker und nahmen noch ein Bad im glasklaren Wasser.
Da Wind aufkam, gab es kein langes Überlegen. Endlich mal segeln. Der Katzensprung von 120sm sollte für uns kein Problem sein. Wir holten den Anker hoch und starteten in die Nacht.
Karen übernahm die erste Wache und ich haute mich aufs Ohr. Als ich im 1 Uhr geweckt wurde, passierte gerade ein Kreuzfahrtschiff auf seinem Weg nach Barbados, das rundum den Atlantik erhellte. Nachdem ich den üblichen Wachbericht entgegen genommen hatte, traute ich meinen Augen nicht. Der Plotter zeigte Zahlen an, die wir lange nicht hatten.
Karen hatte zwar zwischendurch mal gefragt, ob wir reffen sollten, aber von dem Speed hatte sie nichts gesagt. Kurzum, wir fuhren die Nacht über stets knapp über Rumpfgeschwindigkeit, also zwischen 7,3 und 8 Knoten.
Endlich segeln, endlich Martinique.
Aber wie immer kam es anders. Der Wind ging von 6-7 Bft. auf 4-5 zurück und tagsüber hatten wir gerade mal 3-4. Trotzdem war die Überfahrt schnell und wir wurden im Hafen La Marina du Marin, im Süden von Martinique, nachmittags trotz Regen freundlich empfangen.
Der Hafenmeister, der über Funk informiert worden war, fuhr mit dem Arbeitsboot voraus und schnell hatten wir an einem Steg festgemacht.
Das Einklarieren erfolgte per Computer und als wir die Preise sahen, schauten wir uns nur an: Das gibt es doch wohl nicht. Auch die Karibik kann günstig und bezahlbar sein. Und das bei allen erdenklichen Serviceleistungen, vom Segelmacher bis zum Ausrüstungsgeschäft.
Willkommen in Frankreich. Wir schauten vom Restaurant auf den Hafen und genossen.
Hier werden wir erst einmal bleiben, zumal Svenja sich im März für zwei Wochen angekündigt hat.
Die Bäume, nach denen die Insel Barbados benannt wurde, sind wirklich beeindruckend. Sie stehen im Andromeda Garden an der Ostküste.
Gleich nebenan ist auch das bekannte Surfrevier.
Hier fährt man gern Bus, da es preiswert ist, egal wie lang die Strecke ist. Am Schalter gibt es Token zu kaufen, die beim Fahrer in einen Automaten geworfen werden, der dann eine Quittung ausdruckt. Ein Token kostet zwei $ (Barbados) oder einen $ (USA).
Barbados hat neben der Touristik als Einnahmequelle immer noch den Zuckerrohranbau, als Grundlage für die Rumherstellung.
In Erinnerung bleibt uns die Freundlichkeit der Menschen, kaum Kriminalität, gegenseitige Akzeptanz der Bevölkerungsgruppen, gut organisiertes öffentliches Wesen.
Die Entfernung zum zunächst angepeilten Martinique betrug 2080 sm, stete Passatwinde wurden erwartet und die Sonne sollte lachen. Was waren bei solchen Aussichten schon so viele Seemeilen. Aufgrund der mehrfachen Kursänderungen wegen der Wetterbedingungen, einschließlich des Ausweichens nach SW und schließlich des Entschluss‘ Barbados wegen der besseren Windbedingungen anzulaufen, fuhren wir aber insgesamt 2130 sm. Davon für die Hafeneinfahrt/-Ausfahrt und für das letzte Etmal wegen absoluter Flaute 25 Std. unter Motor. Ansonsten stets wechselnde Geschwindigkeiten von 2,5 bis 9,6 kn unter Segeln.
Es wurde also eine ganz und gar nicht typische Atlantiküberquerung. Zwar ist der Inbesitznahme für die englische Krone ein Navigationsfehler voraus gegangen, wir wollten dann aber doch bewusst zu den Feigenbäumen mit den langen Luftbärten, nach denen die Insel benannt ist.
Wetterbedingungen:
Wind:
0/1 – 30 kn aus wechselnden Richtungen, zumeist jedoch N, NO und O;
Wellen:
10cm – 3,90m, zumeist aus Windrichtung, wegen des Tiefs im Nordatlantik aber auch aus NW, die zusammen mit dem North Equatorial Current aus O ein Waschmaschinenschaukeln hervorbrachten mit Wellenfrequenzen von 3- 15 Sek.
Luftdruck:
1013 – 1021 hPa
Bewölkung:
5 – 90%
Niederschlag:
zumeist trocken, aber auch Regen bis 3mm, Schauer und Squals mit Winddrehungen, kein Schnee
Temperaturen:
24 – 32 Grad, anfangs nächtlich gefühlte Tiefsttemperatur von 18 Grad, die Ölzeug und Skihandschuhe erforderten.
Hauptsegel war die 150% Genua, die immer schnell ein- und ausgerefft werden konnte. Das Großsegel wurde zur Unterstützung im 2. Reff bei Raumschotkursen als Düsenerzeuger mitgefahren. Ansonsten fuhren wir zumeist bei viel Wind die Genua auf der Leeseite und die ausgebaumte Fock auf der Luvseite. Bei weniger Wind wurden beide Segel platt vorm Laken ausgebaumt und am Mast befestigt. Die Twiggle-Rigg Variante (Ausbaumen mit frei schwebendem aber fixiertem Mittelpunkt vorm Mast) kam immer vorm Wind bis Raumschots zum Einsatz, wenn die Wellen achterlich waren. Da diese Methode erheblich das Rollen dämpfte, fanden wir sie als angenehm und leicht zu handhaben. Unser kleiner leichter Teleskopausbaumer, erwies sich aber als unverzichtbares Mittel gegen die schlagende 150% Genua und wurde einfach am Großbaum mit einem Dynema-Schäkel befestigt.
Unseren Gennaker setzten wir erst kurz vor der Totalflaute. Leider brach im Masttop das Fall und er nahm ein Komplettbad im Atlantik.
Der häufige tägliche Wechsel wegen der zu unterschiedlichen Windbedingungen war allerdings anstrengend und bei dem Schlafentzug zermürbend.
Weitere Erkenntnis:
Mit -zig Büchern von Weltumseglern haben wir uns vorbereitet. Wie viele vorbereitende Kurse, Infoveranstaltungen, Wetter- und Strömungsstatistiken haben wir besucht bzw. verschlungen? Und nun? Was nützt die beste Vorbereitung, wenn da so ohne Vorwarnung im Januar aufgrund des Klimawandels ein Hurrikan im Nordatlantik plötzlich auftaucht, zuletzt geschah das 1938, und damit natürlich auch das Wetter in der Passatzone beeinflusst. Die Old School-Segler, denen es alle Nachfolger gleich tun wollen, waren zwar auch auf Erfahrungen angewiesen, hatten aber wohl mehr Biss und waren noch Abenteurer. Heute ist jedes Schiff mit allem neumodischen und elektronischen Kram bestückt! Aber Seemannschaft bleibt unersetzlich und kann nicht von den schön romantisierenden Darstellungen vieler Autoren ablenken.
Rabenschwarze und mondhelle Nächte, ein beeindruckender Sternenhimmel, Delphine, Wale und fliegende Fische, Schiffsbegegnungen, Passatwind und -welle (denkste) und das Atmen des Atlantiks – alles sehr schön, hatten wir auch. Uns war durch die Seemannschaft nicht so sehr nach Genuss, sondern eher nach Schlaf und Ankommen. Es gibt Menschen, die für solche Passagen auch noch viel Geld bezahlen.
In einer Funkrunde soll einer in diesem Sinne gesagt haben: „Wenn mir noch einer was von Passat und langer Atlantikwelle erzählt, dem hau ich eine …“.
Als Karen allerdings um 11.30 Uhr am 17. Tag „Land in Sicht“ rief, erhellten sich unsere Gesichter.
Unkompliziert meldeten wir uns bei Zoll, Imigration und Hafenverwaltung an. Dabei lagen wir direkt vor einem Kreuzfahrtschiff.
Anschließend fuhren wir in den Hafen und machten neben „Calypso Cruisers“ einem Katamaran fest. Es war schon dunkel und Nick und Toby konnten es kaum fassen, dass wir gerade vom Atlantik kamen. Wir wurden mit Wein, Bier und Rum begrüßt und bekamen noch Riesenportionen Hühnchenschenkel, gebratenen Fisch und Nudelauflauf ab. Die Jungs waren einfach nett und beeindruckt. Wir waren wie ausgewechselt und der ganze Nerv war schon vergessen.
Wir werden nunmehr das Jahr wohl in der Karibik zum „Ausgleich“ brauchen, bevor wir weitere Touren planen..
Anders herum macht Reisen unter Segeln Spaß, wenn nur das beknackte Segeln nicht wäre.
„Findus“ hingegen bahnte seinen Weg ohne Murren durch den Atlantik. Vielen Dank dafür. Zur Belohnung gibt es ein Entsalzen, 2 neue Geräteträgerbolzen, eine Segelreparatur des UV-Schutzes und eine polierende Vollmassage.
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