Wir haben nicht gedacht, dass wir so schnell von den grünen und bergigen Marquesas Inseln in die Tuamotus Atolle kommen. Bei Starkwind düsen wir die 435 sm am Wind doppelt gerefft mit durchschnittlich mehr als 6 Knoten in drei Tagen und Nächten nach Raroia. Ursprünglich wollten wir direkt zu dem 75 Meilen weiter entfernten Makemo Atoll. Doch wegen der schnellen Fahrt wären wir bei Einbruch der Dunkelheit anstelle des nächsten vormittags angekommen. Eine Einfahrt durch den Pass von Makemo wäre nicht möglich gewesen und zwölf Stunden vor dem Atoll zu warten erscheint uns nicht sehr attraktiv. Wir hoffen, für die Einfahrt in Raroia pünktlich zum slack water (Stillstand im Tidengewässer) anzukommen.
Bei der Einfahrt in den Pass setzt dann doch schon Strömung und es gurgelt ordentlich, aber mit fast Vollgas sind wir schnell drin und fahren dann immer den Tonnen nach bis vor das einzige Dorf Ngarumaoa. Am Ankerplatz sind einige Korallenköpfe zu sehen, doch wir finden ein Plätzchen auf 12m Tiefe und stecken 60m Ankerkette.
Wir sind überwältigt, rund herum ist der aufgewühlte Pazifik, aber im Atoll ist es ruhig und wir schwojen im glasklaren türkisen Wasser. Endlich Ruhe im Schiff. Wir springen in das Wasser und sind schnell wieder draußen. Neben den sogenannten Putzerfischen unter dem Schiff ist auch ein kleiner Hai zu sehen. Die kurze Abkühlung tut dennoch gut und danach gibt es ein „Pia“ (=Bier) aus der Brasserie Tahiti von Hinano, dem populären Bier auf den Inseln von Tahiti.
Während wir im Cockpit sitzen fällt uns auf, dass die Fahne unserer Windsteuerungsanlage weiße Flecken hat. Sofort geht unser Blick nach oben und auf das Amperemeter. Unsere Solaranlage produziert keinen Strom. Ein Blick auf die Paneele liefert schnell die Begründung. Sie ist während der Überfahrt zweifelsohne als Schlafplatz von Vögeln genutzt worden. Sie ist voll zugekackt…
Wir schauen uns weiter um und können auf der anderen 5 sm entfernten Seite des Atolls mit dem Fernglas auch die ankernden Yachten sehen, die kurz vor uns eingefahren sind. Neben uns liegt ein Norweger, ebenfalls gerade angekommen. Ein exaktes Timing ist also angesagt. Die Pässe sind nur alle sechs Stunden befahrbar.
Am nächsten Tag schauen wir uns das Dorf an, das nur 1m über dem Wasserspiegel liegt. Wir landen mit unserem Dinghy am kleinen aber neuen Dock an.
Es gibt eine Grundschule, einen kommunalen Bauhof inkl. Müllabfuhr, Gärtnerei etc., eine Post, ein Verwaltungsgebäude, zwei Minimärkte sowie einen Flugplatz, mit wöchentlicher Direktanbindung an Papeete/Tahiti. Ein Versorgungsschiff kommt dagegen nur monatlich.
Übrigens ist hier das Floß KON TIKI von Thor Heyerdahl 1947 von Peru nach 3,5 Monaten angetrieben.
In den meisten der ca. 50 Häuser wohnen Familien, die Perlenzucht betreiben, Fischer oder Staatsbedienstete sind oder hier den „Winter“ verbringen. Alle Gebäude stehen entweder auf Stelzen oder sind auf kleinen Anhöhen gebaut. Strom wird mit Solaranlagen produziert. Die wenigen Straßen sind betoniert. Alles ist sauber und gepflegt. Frankreich subventioniert seine Departements in Übersee recht ordentlich. Andererseits wurden seit den 1960ern bis 1996 unweit von hier auf Mururoa, Fungataufa, Tureira u.a. Atollen Atombomben getestet. Das Gebiet ist bis heute stark reglementiert, aber durchaus zu besuchen. Uns ist das aber nicht geheuer.
Die Bewohner sprechen hier hauptsächlich Tahitian und Französisch und die Kinder begrüßen uns recht freundlich, teilweise in englischer oder französischer Sprache. Unsere Fragen werden gern beantwortet und auch wir werden von den Einwohnern gefragt, woher wir kommen.
Wir trauen unseren Ohren kaum, als wir folgende Antwort bekommen: „Ah, Allemagne, Germany, Merkel is a strong women, she is a good lady, but Trump, he is crazy!“ Diese Meinung haben wir seit Panama schon häufiger gehört.
Auf der nächsten Insel macht dagegen jemand einen Scherz, als er hört, dass wir Deutsche sind. Er nimmt eine militärische Grußhaltung an, knallt die Hacken zusammen und steht stramm. Lachend sagt er: „Welcome to Makemo!“
Von zwei jungen Damen werden wir in ein Haus gebeten. Dort arbeiten Frauen an Schmuckteilen, die sie an Besucher verkaufen. Das Gros der typischen Tahiti-Perlen wird weltweit verkauft. Sie zeigen uns Perlen, Austern und Perlmutt. Karens Augen glänzen und … natürlich gehen wir mit einer großen Perle als Halsschmuck.
Der Inhaber des Minimarkts gibt uns weiterhin wertvolle Tipps und beschwichtigt uns, dass die Haie schon seit Jahren keine Menschen mehr angefallen haben und dass die Kinder sogar im Wasser schwimmen und spielen. Allerdings seien die Fische im westlichen Atoll nicht genießbar, da sie Ciguateria hervorrufen und über die Nahrung des Korallenbewuchses vergiftet sind. Die Fische auf der anderen Seite könne man aber essen. Wir essen aber nur selbst gefischte Mahi Mahi oder Bonitos aus dem Ozean.
Bei der Planung der nächsten Törns erfassen wir erst jetzt richtig, wie groß eigentlich Französisch Polynesien ist, allgemein als Inseln von Tahiti bezeichnet. Das ganze Gebiet hat die Größe von Westeuropa. Es besteht aus fünf Archipeln: Marquesas, Tuamoto, Gambier, Society und Austral. Am populärsten sind die Gesellschaftsinseln (Society) um die Hauptinsel Tahiti herum. Die bekanntesten sind Bora Bora, Moorea und Raiatea, nicht nur für Segler ein Paradies.
Spätnachmittags vor unserer Weiterfahrt frischt der Wind auf und dreht. Ein Alptraum für alle Ankerlieger in den mit Patatas (Korallenköpfe) gespickten Atollen. Die neue Windausrichtung des Schiffes vertörnt die 60m ausgelegte Ankerkette um einige dieser Hindernisse, sie kommt kurzstag und wir stehen fast senkrecht darüber. Bei Welle oder Schwell könnte nun der Ankerbeschlag und/oder die Kette selbst brechen. So können wir die Nacht wohl kaum überstehen, zumal der Wind weiter zunimmt. Unter Motor können wir die Kette entwirren und somit brauchen wir nicht zu tauchen. Danach legen wir uns mit Genehmigung der Hafenbehörde an das neue Dock. Gut, dass Findus nur 1,50 Tiefgang hat.
Am nächsten Tag segeln wir 75 sm weiter nach Makemo. Um 16.00 Uhr passieren wir den Pass. Nun müssen wir trödeln und durchschnittlich 4,4kt fahren, denn die Passdurchfahrt auf Makemo ist erst morgens um 10.42 Uhr möglich. Aber es kommt total anders. Entgegen der Wettervorhersage entwickeln sich 6-7Bft. Wind in einem lokalem riesigen schwarzen Wolkenband. Wir reffen und reffen… und schließlich fahren wir nur mit Sturmbesegelung immer noch 6,4 kn.
Kurz nach Sonnenaufgang kommen wir vor der Passdurchfahrt an und legen uns 2 sm davor beigedreht in die See. Das gibt Ruhe und funktioniert gut: Vorsegel durchgesetzt und Gegenruder festgesetzt.
Nach 3 Std. können wir durch. In der Lagune ist es angenehm ruhig und wir ankern direkt vor dem Dorf.
Wir staunen nicht schlecht, als wir uns bemühen, einen Internet-Kontakt herzustellen.
Vom Boot aus können wir über einen Vini-Hotspot eine Prepaid Card erwerben, mit Kreditkarte bezahlen und haben in Minuten endlich nach langem Entzug wieder eine Wifi-Verbindung. Und im Fernsehen können wir die französischen Nachrichten, Arte und die Wettervorhersage in bester Qualität sehen.
Wir machen gerade mit dem Dhingy am Dock fest und treffen auf unsere USA-Nachbarn, die heute Morgen angekommen sind. Freundlicherweise nimmt uns ein Einheimischer spontan alle auf der Ladefläche seines Pick Ups mit. (Damit kann Karen wieder etwas von ihrer Bucket-List streichen.) Es geht zum Supermarkt und zur Bäckerei. Selber Brot backen ist hier also nicht nötig, es gibt frisches Brot und sogar Saumon Rillettes auf frischem Baguette zum Probieren.
Die Auswahl an Lebensmitteln ist zwar klein, aber wir können hier unseren Vorrat wieder ein bisschen auffüllen. Die Preise sind allerdings genau so hoch, wie der Leuchtturm.