Nach vier Tagen Überfahrt kommen wir kurz nach Sonnenaufgang und bei ablaufendem Wasser an der Küste Aitutakis an. Die Insel liegt im Norden der südlichen Cookinseln in einem Atoll und es gibt nur zwei Möglichkeiten, direkt anzulanden: Mit einem kleinen Flugzeug oder einem kleinen Schiff. Durch das Riff ist ein künstlicher Kanal gebaut, der in den kleinen Hafen führt. Bei Niedrigwasser beträgt die Wassertiefe ca. 1,40 m. Das ist auch für uns zu flach und so warten wir fünf Stunden beigedreht vor der Passeinfahrt mit back gestellter Fock. Genügend Zeit, um ausgiebig zu frühstücken, zu duschen und den Salon, der in den letzten Tagen zum Schlafen diente, wieder aufzuräumen. Schließlich kommen auf Aitutaki der Health-Officer und ein weiterer Mitarbeiter der Biosecurity an Bord.
Als wir den Pass gegen 13:00 Uhr befahren, stehe ich vorne am Bugkorb und dirigiere Reinhard mit Handzeichen durch den engen Kanal, der mit Untiefen und Korallenköpfen gespickt ist. Hochwasser ist erst in drei Stunden, aber für uns reicht die Wassertiefe bereits jetzt aus. Letztendlich ist bei unserer Einfahrt die flachste Stelle 1,90 m tief und alles verläuft unproblematisch.
Damit die Offiziellen an Bord kommen können, machen wir zuerst an der Hafenmauer fest. Dort wartet schon Jeffrey von der „Flying Fish“, den wir bereits von Bora Bora kennen, auf uns. Kurz nach dem Anlegen kommt Lenny, der Health-Officer, mit seinem Scooter angefahren. Im Gepäck hat er eine Sprayflasche in Reisegröße gegen Ungeziefer. Um die Cookinseln auch weiterhin von den durch Mücken übertragenen Krankheiten wie Dengue, Zika usw. frei zu halten, wird gesprayt. Zum Glück nicht in der Vorderkajüte, in der wir schlafen und auch nicht in der Pantry. Viel Raum zum Sprühen bleibt da nicht mehr und nach fünf kurzen Sprühstößen werden im Cockpit die Formalien erledigt. Mit der kleinen Sprayflasche kommt er wohl ein ganzes Jahr aus. Sein Kollege Kenneth, der gerade vom Fischen kommt, konfisziert wegen der Fruchtfliegengefahr unsere letzten beiden Zitronen und dann dürfen wir auch schon die gelbe Zoll- und Quarantäneflagge runternehmen und Land betreten. Die nächste Station ist eigentlich der Zollbeamte, aber der ist schon um 14:30 Uhr nicht mehr in seinem Büro. Uns wird gesagt, dass er morgens um 9 Uhr besser erreichbar ist. Also wird die Einklarierung dann am nächsten Tag erledigt.
Wir verholen uns von der Kaimauer an den kleinen Ankerplatz neben „Flying Fish“. Da hier durch die Tide eine starke Strömung herrscht, ist es nicht ratsam, nur vor Anker zu liegen. Wir bringen deshalb am Heck noch eine Leine aus, die an einer Kokospalme befestigt wird.
Über Aitutaki haben wir gelesen, dass die Möglichkeiten zur Verproviantierung sehr eingeschränkt sind. Einen großen Supermarkt gibt es in der Tat nicht, aber direkt um die Ecke ist ein Markt. Und hier finden wir zum ersten Mal nach zwei Monaten wieder Tomaten. Später entdecken wir weitere Einkaufsmöglichkeiten, vom Biogärtner bis zum Warehouse und viele kleine Lebensmittelgeschäfte.
Die 1.200 Einwohner Aitutakis fahren eher Scooter als Auto. Dabei gibt es weder eine Altersbegrenzung nach unten oder oben. Schon die Kleinsten werden auf dem Sozius mitgenommen. Und so mieten auch wir uns für drei Tage zum Preis von insgesamt 60 NZD (ca. 36 Euro) ein etwas altertümliches Exemplar, um die Insel zu erkunden. Die Höchstgeschwindigkeit beträgt auf der gesamten Insel 40 km/h. Die müssen wir aber eher schätzen, da der Tacho nicht mehr funktioniert. Und auch die Bremsen haben schon bessere Tage gesehen. Da muss Reinhard schon das ein oder andere Mal die Motorbremse betätigen, indem er die schwergängigen Gänge runter schaltet. In Neuseeland, zu denen die Cookinseln von 1901-1965 gehörten und mit dem sie seit ihrer Unabhängigkeit in freier Assoziation verbunden sind, ist schon das Fahrradfahren ohne Helm verboten; hier brauchen wir keinen für den Scooter und die Normalbekleidung besteht aus Shorts, T-Shirt und Flip Flops. Mein Sicherheitsbedürfnis wird im Linksverkehr und auf zeitweise steilen Straßen auf eine harte Probe gestellt. Zum Glück herrscht kaum Verkehr und nach einer kurzen Eingewöhnung kann ich unsere Ausflüge genießen.
Die Insel hat lange weiße Strände und die Lagune mit mehreren kleinen Inseln wie „One Foot“ oder „Honeymoon“ ist ein echter Hingucker.
Wer mag, kann mit Blick auf das Außenriff und unter Palmen eine Runde Golf auf dem kleinen Golfplatz spielen.
Da in den nächsten Tagen mit schlechtem Wetter und stürmischem Wind zu rechnen ist, werden wir wohl noch etwas länger als ursprünglich geplant auf Aitutaki bleiben. Aber das macht uns gar nichts. Schließlich heißt es hier nicht umsonst: „Slow down you are in heaven.“