Als Knurrhahn und Sabbelfisch grüßen wir nach unserer Äquatortaufe alle Leserinnen und Leser.
Nach dem Entfernen des Schmutzes der nördlichen Welt ließ es sich Reinhard nicht nehmen, den Äquator schwimmend zu passieren. Und da das wahrscheinlich auch schon einige Mutige gemacht haben, toppte er es und schwamm nackig. (Leider lässt er nicht zu, dass das Video hier veröffentlicht wird.)
Auf Nuku Hiva/Marquesas haben wir nach den beschränkten Inmarsat Möglichkeiten während der Überfahrt endlich wieder vollen Zugang zum Internet. Wir sind überrascht und freuen uns sehr über die große Anteilnahme an unserer Pazifik-Überfahrt und bedanken uns auf diesem Wege herzlich für die vielen lieben Worte. Nach einem großen Zeitungsbericht in Reinhards Geburtsstadt, schnellten sogar die Besucherzahlen auf unserem Blog in die Höhe. Wir sagen allen neuen Besuchern: „Welcome on Board!“
Auf Gerald in der heimischen Funkerbude war wie immer Verlass und er beriet uns täglich meteorologisch. (Vielen Dank, was machst Du jetzt eigentlich mit der wieder gewonnenen abendlichen Freizeit?)
Wer einmal die Weiten der See und des Sternen-Universums gleichzeitig erfahren möchte, der sollte so einen Törn machen. Allerdings ist er auch mit Mühen verbunden. Es ist die längste Strecke weltweit, die ohne naheliegende Anlandemöglichkeit besteht. Wir sind überwältigt, als wir nach 33,5 Tagen die höchsten Gipfel unserer Zielinsel wolkenverhangen wahrnehmen können. Die stete Anspannung, Übermüdung und der Ärger mit kleineren Blessuren verfliegen schnell. Wir haben es als Team geschafft und können es selbst kaum glauben, mal eben über den Pazifik gesegelt zu sein.
So wie wir, segeln in der tropisch sturmfreien Jahreszeit die meisten Crews von der Nord- und Mittelamerikanischen Küste nach Französisch Polynesien. Seit 22 Jahren gibt es auch ein Netzwerk mit Namen „Pacific Puddle Jump“ (Pazifischer Pfützen Sprung) um neue Informationen aller Art zu verbreiten. Auch wir gehören zu den mehr als Hundert Schiffen in diesem Jahr und manche Crews sind uns bekannt. Die Abfahrtszeiten der Schiffe sind aber höchst unterschiedlich. Alle haben jedoch ein Ziel, welches Papeete/Tahiti heißt. Dort trifft man sich im Juni nach der erfolgreichen Überquerung zur Welcome-Party.
Hier ein kleines Resümee unserer gesegelten 4190 Seemeilen.
Wetter und Segelbedingungen
Es gibt drei Möglichkeiten in die Südsee von Panama aus zu segeln: Die kürzere Route nördlich von den Galapagos, die etwas längere mit Stop auf den Galapagos und die längere südlichere Non-Stop Route südlich von den Galapagos auf dem Großkreis. Wir entschieden uns für die letzte Route, da wir hier unter dem Äquator mit dem Süd-Ost Passat Wind rechnen konnten. Insgesamt ging diese Taktik auch auf.
In der ersten Woche kämpfen wir mit der üblichen Flaute, die uns im Golf von Panama zu schaffen macht. Bei durchschnittlich 2 m Wellenhöhe ist das kein Spaß, da wir anständig schaukeln und kaum vorankommen. Das kleinste Etmal von 90sm mit Kreuzkursen bringt uns nur unwesentlich dem Ziel näher. Um dem unkontrollierten Flug durch die Kajüte zu entgehen, fahren wir später unter Motor.
In der zweiten Woche ändert sich das und wir ersegeln mit 170sm die schnellste Tagesleistung der ganzen Fahrt. Die nächsten Wochen bis zum Ziel sind durchwachsen und wir haben Etmale um die 130sm.
Die letzten Tage sind geprägt von Squalls (Starker Regen mit Gewitter) und Seegang, im Schnitt von 2,30 bis 3,00m Wellenhöhe, die teilweise auch 4m erreicht. Die Sicht geht gegen null, nachts rauschen wir blind in die volle Dunkelheit. Nur das Radargerät zeigt uns die nächsten Squalls an, denen wir nur manchmal ausweichen können.
Insgesamt bescheren uns auf der Fahrt die Schauer trotz Ölzeug einen nassen Hintern. Auch die Kajüte wird feucht und beim Ausziehen der nassen Klamotten nach dem Wachwechsel bilden sich Pfützen auf dem Boden. Die gesamte Kleidung, das Bettzeug und die Kissen fühlen sich später klamm an, da trotz folgendem Sonnenschein und Trocknung die Salzpartikel nicht beseitigt werden.
Zustand von „FindUs“
Schon auf dem Atlantik zeigte sich das Schiff den Anforderungen gewachsen. Durch seine große Breite hat es einen enormen Auftrieb und reduziert die Lage. Der gemäßigte Blei-Kiel und die Wings machen 42% des Gesamtgewichts aus und lassen das Schiff gut geradeaus laufen. Da hat die Hydrovane (Windfahnen Steuerung) leichte Arbeit. Wir haben das Schiff nur sehr selten per Hand gesteuert. Unser Vertrauen in dieses Schiff ist nach der Pazifik-Überquerung noch gesteigert worden. Auch alle elektrischen Systeme und Navigationsgeräte funktionieren einwandfrei. Vor der Überfahrt wurde noch der alte Windmesser ersetzt.
Es zeigt sich auch wieder, dass die Agregate uns total autark machen. Wir haben bisher aus Sicherheitsgründen erst die AGM Batterien ausgewechselt. Sie können mit hohem Strom und schnell über den Sterling Laderegler unter Motor geladen werden. Das passiert aber äußerst selten. Die Solarpanele und der Windgenerator erzeugen genug Strom.
Überrascht hat uns allerdings, dass FindUs durchaus mit größeren Schiffen mithalten kann. Wir haben von mehreren Bekannten, die die Strecke ungefähr zu gleichen Zeit gesegelt sind, nach der Ankunft erfahren, dass sie mehrere Tage länger für die gleiche Passage gebraucht haben.
Schiffsbegegnungen
Insgesamt haben wir fünf Schiffsbegegnungen. Ansonsten sind wir fast allein auf hoher See und manchmal sind im Umkreis von 600 sm keine Schiffe unterwegs.
2 Videos: FindUs läuft unbeirrt durch die See
Technische Probleme auf der Fahrt
Der Wassermacher saugt beim Stampfen in der See und bei schneller Fahrt Luftblasen aus dem Wasser an und wir entlüften ständig das System. Erst die Einrichtung eines Kanisters mit Seewasser aus dem der Wassermacher das Wasser pumpt schafft Abhilfe. Später erfahren wir, dass dieses Problem alle Wassermacher betrifft.
Beim Reffen des Großsegels verhakt sich das Großfall in dem Fender ähnlichen Radarreflektor vor dem Mast. Es lässt sich auch nicht durch peitschenähnliches Schlagen mit dem Fall entwirren. Da hilft nur noch das Aufentern in den Mast, was bei dem Wellengang und Geigen des Schiffes nicht einfach ist.
Die Persenning der Lazyjacks (Abdeckung des Großsegels) konnte einigen Böen nicht standhalten und zerfetzte Achtern; da muss in Neuseeland wohl eine neue her.
Die Pumpe des WCs streikt. Durch den Unterdruck, der durch die Fahrt durchs Wasser entsteht, entsteht ein Vakuum, das das Gummilippenventil öffnet und nicht ganz schließen lässt. Ein Austausch schafft Besserung.
Der Anker lockert sich in der Halterung und lärmt. Durch die ständige Belastung haben sich die Bolzen in der Halterung größeren Raum verschafft. Abhilfe schafft zunächst einmal das Festbinden.
Trotz eingehender Inspektion des Schiffes vor jedem Törn – von der Mastspitze über den Motor bis zum Kiel – fiel erst nach dem Törn beim Ankern auf, dass sich die Sicherungsschrauben des Reelingsspanners gelöst hatten. Noch 3 Umdrehungen mehr und die obere Backbord-Reeling wäre ausgerauscht und hätte keine Sicherheit mehr gegeben. Glück gehabt!
Und letztlich traf uns der Schlag, als wir vom Dinghy aus FindUs sahen. Die Rümpfe waren mit Öl verschmiert und an der Wasserlinie waren Hunderte von Entenmuscheln angeklebt, die die Fahrt bremsten. Das Unterwasserschiff war bis auf das Heck dagegen sauber. Die Selfpolishing Antifouling-Farbe aus der Karibik war ihren Preis wert. Kaum Bewuchs. Es dauerte aber fast einen Tag, um das Schiff von Dreck und Viechern zu befreien.
Natürlich haben die Tauwerke, Segel, Blöcke und der Holzanstrich in letzter Zeit sehr gelitten. Die UV-Strahlen und das Salz hinterlassen Spuren. Wir beabsichtigen ein Refit in Neuseeland, wo wir längere Zeit bleiben möchten, um die sturmreiche Zyklonzeit im Pazifik abzuwarten.
Und wir wollen uns nach diesem Törn auch ein Refit mit Tahitian Wellness, Spa, Wohlfühlprogramm und Sightseeing gönnen, aber schon jetzt auf den Inseln der Südsee.