Bei den Kiwis

Nur mit 7 kg Handgepäck unterwegs

 

Wir nutzen den südlichen Sommer und fliegen ins gemäßigte Klima von Neuseeland. In der Mythologie bezeichnen die Maori ihre Heimat als „das Land der langen weißen Wolke“ – Aotearoa.

Dieses Land wollen wir nun gemütlich erkunden und sind deshalb mit dem Coastal Pacific Train, der Interislander Fähre und dem Northern Explorer Train sowie mit Skip-Bus unterwegs. Findus kann sich somit erst mal ausruhen. Da unser Bootsleben einem Camperleben durchaus entspricht, entscheiden wir uns als Ausgleich gegen ein Wohnmobil oder einen Campervan.

Unsere Unterkünfte sind deshalb Zimmer oder Privatapartments, gebucht über airbnb. Bisher haben wir damit nur beste Erfahrungen gemacht. Wir freuen uns schon auf die Kiwis allgemein, unsere Gastgeber im besonderen sowie den dadurch gegebenen Kontakt zu den Einheimischen. Und letztlich können wir in Neuseeland ganz unproblematisch unsere australischen Visa verlängern.

 

Christchurch auf der Südinsel (Altstadt, Rundfahrt mit Tram, Erdbeben geschädigte historische Kirche)

 

Unser erster Aufenthalt hinterlässt gleich ein nachdrückliches Gefühl.

Christchurch gilt mit 330.000 Einwohnern als die Metropole der Südinsel. Westlich liegen die Gletscher und östlich der Pazifik… und tief unten finden die tektonischen Verschiebungen der Erdplatten statt. Erst vor 8 Jahren wurden große Teile der Stadt mit historischen Gebäuden durch ein stärkeres Erdbeben zerstört, die sich teilweise bis heute im Wiederaufbau befinden. Das gibt zu Denken.

Unsere Gastgeber klären uns schon bei der Ankunft auf die hiesige Häufigkeit von Erdbeben auf und geben uns folgenden Rat: „Sollte ein Erdbeben länger als eine Minute dauern, stellt Euch in einen Türrahmen.“ Das gibt noch mehr zu Denken und erzeugt ein mulmiges Gefühl.

 

Lyttelton, der letzte Versorgungshafen vor der Antarktis

 

Mit dem Panoramazug geht es weiter Richtung Norden. An der Pazifikküste können wir Seelöwen sehen, riesige Schaf- und Kuhherden im Bergland und Weinberge im Gebiet Marlborough.

 

 

 

Die beschauliche Kleinstadt Picton liegt gut geschützt rund um den Hafen, der die üblichen touristischen Merkmale hat. Wir bleiben hier einen Tag und setzen dann unsere gebuchte Überfahrt – ungewollt bei Starkwind – mit der 180m langen Interislander Fähre in nur knapp 4 Std. zur Nordinsel fort. Mit 1300 Passagieren ist die Fahrt ausgebucht.

 

Interislander Fähre, Fährverbindung von Picton

 

Da wir sturmerprobt und seefest sind, nehmen wir das Wetter gelassen hin. Immerhin müssen wir nicht auf eigenem Kiel die Roaring Fourties in dieser Düse zwischen den Inseln besegeln.

Der Kapitän informierte noch im ruhigen Fahrwasser des Sunds die Passagiere über die Böen in Sturmstärke. Kaum auf offener See versprühen die an den Bug klatschenden Wellen ihre Gischt auf das Schiff. Als das Schiff nicht nur stampft, sondern auch noch schlingert und überholt benutzen die Passagiere in zunehmendem Maße die Spucktüten und schwanken zu den Toilettenanlagen, deren Böden stetig mit Frischwasser gesäubert werden. Für uns ist dabei vollkommen neu, dass an die Passagiere auch Eiswürfel im Becher verteilt werden. Wie wir sehen, ist auch dies kein wirksames Mittel gegen die Seekrankheit.

Bei der Einfahrt in den Sund von Wellington beruhigt sich die See schnell wieder und viele der Passagiere nehmen wieder Farbe an.

 

Wellington

 

Das im Süden der Nordinsel gelegene Wellington beherbergt als Hauptstadt auch das Parlament. Wir wundern uns, dass die Wahlberechtigten wie in unserer Heimat zwei Stimmen haben: eine für die Abgeordneten und eine für die Partei. Bei einer Führung erfahren wir, dass dieses Modell aus Deutschland übernommen wurde. Noch mehr erstaunt uns aber, dass das Wahlrecht für Frauen bereits seit 1893 besteht. Im Jahr 1950 wurde sogar das Oberhaus abgeschafft. Somit gibt es jetzt nur ein Einkammerparlament, was Kosten spart.

Im Museum erfahren wir noch viel über die Entwicklungsgeschichte der Stadt, die heute modern, übersichtlich und durchaus grün ist. Uns gefällt es hier, auch wenn das zum Parlament gehörende „Bienenkorb“ Gebäude in die Liste der 10 weltweit hässlichsten Architekturkreationen aufgenommen wurde.

Als nächstes steht ein Aufenthalt in Hamilton an. Hier lernen wir das Leben im Herzen einer Metropole der Nordinsel kennen. Die Erkundung erfolgt zu Fuß und mit Fahrrädern. Die Hamilton Gardens mit ihren 21 Themengärten auf 54ha sind dabei das Highlight der Stadt.

 

Hamilton – Park

 

Hamilton – Brauerei Good Georg

 

Straßenmusiker in Hamilton

 

Der Komponist, Autor und Schauspieler Richard O‘Brien (Rocky Horror Show) lebte in Hamilton und die Stadt hat ihm ein Denkmal gewidmet.

 

Hamilton – Riff Raff Statur

 

In der Nähe liegen auch die Drehorte samt Kulissen der „Hobbit“ und „Herr der Ringe“ Trilogien.

 

Zum Abschluss geht es nach Auckland. Die auf Hügeln erbaute Stadt hat nur eine begrenzte Anzahl von Hochhäusern, es überwiegen kleine Häuser, teils historisch oder in der hier üblichen Holzbauweise. Unser Apartment liegt direkt gegenüber dem Skytower.

Abends suchen wir uns ein Lokal aus, das die typischen Gerichte der Gegend anbietet. Karen isst sich an Grünlippmuscheln satt und ich an Lammbraten.

Morgens trauen wir unseren Augen nicht. Direkt vor unserem Fenster fällt ein Mensch vom Himmel. Wir springen auf und sehen wie ein Mutiger, natürlich gesichert an einem Seil, vom Tower gesprungen ist. Tagsüber springen mehrere Wagemutige für 135 € mit einer Geschwindigkeit von 85km/h die 192m in die Tiefe.

 

Auckland – Sky Tower Springer

 

Für uns steht eine Stadtrundfahrt und natürlich ein Hafenbesuch an.

 

Jeder 6. in Auckland hat ein Segelboot

 

Das Segelteam „Emirates-New Zealand“ arbeitet an einem neuem Schiff. Sie wollen beim America‘s Cup 2021 im heimatlichen Auckland wieder mitmischen und natürlich gewinnen. Zwei ältere Schiffe liegen im Hafen. Leider reicht unsere Zeit nicht, um hier die Offerte des Mitsegelns anzunehmen.

 

Auckland – Zentrale für den America’s Cup 2021

 

Alte America’s Cupper

 

Das multikulturelle Neuseeland ist insgesamt wirklich eine Reise wert. Das Klima ist akzeptabel und die gelassene Lebensweise, die Landschaften, das politische und soziale System sind beeindruckend. Das Land steht jungen berufsqualifizierten Einwanderern genauso offen gegenüber, wie z.B. denen, die in das Land investieren wollen. Ältere können sich mit hohen Beträgen sozusagen über Investitionen einkaufen. Möglicher Nachteil ist die Entfernung von Europa. Deshalb kehren auch viele wieder zurück.

Wir kehren auch wieder zurück, aber erstmal über Melbourne und Tasmanien nach Sydney zu „Findus“ und dann nach Europa.

 

 

 

Blizzard über Tokyo

 

Nichtsahnend machen wir uns am 22. Januar gegen 11:00 Uhr auf den Weg zum Flughafen. Unser Flug nach Auckland via Brisbane ist zwar erst für 19:30 Uhr geplant, aber die Zeit ist zu knapp für einen weiteren Tag in Tokyo.

Es ist kalt, der Himmel ist grau und ein leichter Nieselregen hat eingesetzt. Ungemütlich, aber nicht außergewöhnlich. Wir vertreiben uns den Tag im Narita-Airport. Auf einer großen Leinwand wechselt sich Tourismus-Werbung mit aktuellen Nachrichten aus der ganzen Welt ab. Wir staunen nicht schlecht, als ein Bild von Martin Schulz vom SPD-Parteitag gezeigt wird. Der Text ist für uns leider nicht zu entziffern, da er ausschließlich auf japanisch ist. Zum Glück wechselt die Anzeigetafel für die abgehenden Flüge regelmäßig zwischen japanischer und lateinischer Schrift.

 

Wo steht unser Flug?

 

Wir gehen etwas essen, gucken uns in den Geschäften um und natürlich besuchen wir die Toiletten, in Japan ein ganz besonderes Highlight. Schon die Toilette in unserem Hotel hatte eine besondere Ausstattung: Neben Dusch- und Bidetfunktion ist die Klobrille beheizt. Vermutlich eine ganz besondere Extraausstattung. Für uns fühlt es sich eher so an, als ob da gerade jemand seit Stunden drauf gesessen hätte. Am Flughafen fehlt dieses Extra. Aber dafür gibt es auf der Damentoilette eine andere Besonderheit. Zuerst denke ich, dass hier Musik abgespielt werden kann.

Und ganz verkehrt liege ich damit nicht, denn hier kann der „Flushing Sound“ eingeschaltet werden. Wir hatten schon vor langer Zeit einen Bericht darüber gesehen, dass der Wasserverbrauch in Japan sehr hoch war, weil Japanerinnen während der Toilettenbenutzung ständig auf die Klospülung drücken um damit etwaige Geräusche zu übertönen. Deshalb wurden die Toiletten mit diesem ganz besonderen „Soundsystem“ ausgestattet. Es kommt mir doch ziemlich bizarr vor.

 

Toilettenaustattung in Japan

 

 

Um 16:00 Uhr öffnet der Qantas Schalter und wir checken frohen Mutes ein. Am Gate steht ein Fernseher, auf dem ein Sumoringer-Wettkampf läuft. Während Reinhard sich auf einer Bank ausruht, schaue ich mir das Spektakel eine Weile an. Zwischendurch gibt es immer wieder Berichte von Schneefall irgendwo in Japan. Denke ich. Die Fenster am Gate sind beschlagen, draußen hat die Dämmerung eingesetzt. Eigentlich sollte langsam das Boarding beginnen, tut es aber nicht. Hinter mir steht der Flugzeugkapitän und telefoniert. Ich höre etwas von jeder Menge Probleme und so langsam fangen die Wartenden an zu verstehen, dass es kein Schneefall irgendwo in Japan ist, sondern ein Blizzard, also ein ausgewachsener Schneesturm, über Tokyo und leider auch über dem Narita-Airport.

 

Unsere Maschine im Schnee

 

Die folgende Informationspolitik macht uns nicht gerade glücklich und zufrieden. Regelmäßig gibt es Durchsagen, dass im Moment keiner weiß, wie es weitergehen soll. Danke für Ihre Geduld!

Dann hält der smarte Co-Pilot eine kleine Rede. Der Flug fällt aus, aber es wird noch auf die Entscheidung gewartet, ob unser Gepäck wieder entladen wird. Bitte bleiben Sie am Gate. Danke für Ihre Geduld!

Mittlerweile ist es 23:00 Uhr. Es werden Decken und ca. fünf Kopfkissen verteilt. Langsam werden wir hungrig. Zum Glück hat noch ein kleiner Shop geöffnet. Sandwichs sind natürlich aus, aber Instant-Nudelgerichte gibt es noch. Sie kochen für uns Gestrandete auch das Wasser. Leider ist die Schlange lang und der Wasserkocher erstaunlich langsam. Als ich endlich unsere heißen Nudelportionen in der Hand halte kommt prompt die Durchsage, dass wir jetzt vom Personal hinuntergeführt werden. Was soll das denn heißen?

Captain und Crew sind schon längst weg und die Belegschaft am Schalter weiß auch nicht so richtig was passiert. Auf meine Frage, was uns denn unten erwarten würde, erhalte ich ein wenig aufschlussreiches Schulterzucken.

Wie die Lemminge setzen wir uns in Bewegung. Ich kleckere mit den heißen Currynudeln so vor mich hin. Vorsichtig ausgedrückt war meine Stimmung schon mal besser. Von Qantas ist niemand in Sicht. Das Personal von Japan Airlines gibt sich dagegen redlich Mühe uns weiterzuhelfen. Letztendlich müssen wir unser Gepäck abholen, wieder zur Immigration („nicht ausgereist“ prangt jetzt in unseren Pässen) und durch den Zoll. In der Eingangshalle werden Schlafsäcke, Wasser und Cracker verteilt. Anschließend suchen wir uns ein kuscheliges Plätzchen auf dem kalten Flughafenboden. Gar nicht so einfach, bei mehreren Tausend. Tatsächlich finden wir ein paar Stunden Schlaf.

 

 

In der Zwischenzeit hat meine Schwester Brigitte mit „Reisefieber“, dem Hamburger Reisebüro, das unsere Reise organisiert hat, gesprochen. Im Gegensatz zu Qantas erweist sich „Reisefieber“ als überaus hilfreich und teilt uns unsere voraussichtliche neue Flugzeit mit. Um 14:00 Uhr soll es nach Brisbane gehen. Ankunftszeit dort 23:50 Uhr, Weiterflug nach Auckland am nächsten Tag um 8:15 Uhr. Sollte uns da etwa noch eine weitere Nacht auf einem Flughafen bevorstehen?

Beim Einchecken fragen wir nach einem Hotelgutschein für die bevorstehende Nacht und bitten um Organisation der Unterbringung. Dabei sehen wir unsere Situation schon sehr realistisch: Landen um 23:50 Uhr, Gepäck abholen, Immigration und Zoll und rechtzeitig am nächsten Tag wieder zum Einchecken am Flughafen sein lässt nicht viel Zeit für einen Hotelbesuch. Der scheinbar einzige Mitarbeiter von Qantas ist gegen 11:00 Uhr vor Ort. Er nimmt sich unseres Problems an und tatsächlich werden wir auf einen Direktflug mit Air New Zealand von Tokyo nach Auckland umgebucht.

Was er uns nicht erzählt, ist, dass es natürlich auch bei Air New Zealand einen Flugausfall gab. Vor dem Schalter wartet schon eine riesige Schlange, um für den Flug um 18:30 Uhr einzuchecken. Wir erzählen mehrmals brav unsere Geschichte von Flugausfall und Umbuchung und werden einer Schlange zugewiesen. Da wir auch Opfer des gestrigen Flugausfalls sind, sollen wir selbstverständlich mitkommen. Nach drei Stunden Anstehen wähnen wir uns endlich am Ziel. Der erste Koffer liegt auf der Waage als wir freundlich darüber aufgeklärt werden, dass wir von Qantas auf den heutigen Flug (23.01.) umgebucht worden seien, dieser aber aufgrund der Aufarbeitung des Flugausfalls vom gestrigen Tag auf den 24.01. verschoben sei. Ich glaube, mich zu verhören. Aber mir wird bestätigt, dass wir auch die nächste Nacht auf dem Flughafen verbringen dürfen.

Wir sind seit Tagen unterwegs, das Jetlag ist deutlich zu spüren und bei dieser Aussicht steigt mein Adrenalinspiegel deutlich an. Es folgt eine intensive Diskussion mit dem Chef vom Dienst, an dessen Ende unsere Boardingpässe stehen. (Anm. R.: Seitdem ich Karen kenne, habe ich noch nie so einen „temperamentvollen“ Auftritt von ihr erlebt. Und das noch auf Englisch.)

Mit dem „Final Call“ erreichen wir das Flugzeug und können unser Glück kaum fassen, tatsächlich abzuheben.

Wir kommen gut in Auckland an, unser Gepäck leider nicht. Auch egal. Wir sind so müde, dass wir im Stehen schlafen könnten und ein Blick auf unsere Gepäckscheine zeigt uns, dass das Gepäck bis nach Papeete eingecheckt wurde. Trotzdem bestehe ich zu Reinhards Leidwesen auf einen Besuch beim Serviceschalter. Gegen 13:00 Uhr sind wir endlich im Hotel. Hier wollen wir nur kurz ein bisschen ausruhen und dann mit dem Bus nach Auckland fahren. Um 16:00 Uhr wache ich das erste Mal auf. Allerdings nicht für lange. Um 22:00 Uhr werden wir beide wach. Das war es wohl sowohl mit Auckland als auch mit Abendessen. Wir schlafen weiter.

Zum Glück herrscht beim Abflug klare Sicht, so dass wir noch ein bisschen von Neuseeland zu sehen bekommen.

 

Neuseeland von oben

 

Wir sind im Flugzeug in bester Stimmung. Sind wir doch traditionell polynesisch mit Blumen begrüßt worden.

 

Südseefeeling

 

Und auch am Flughafen in Papeete werden wir wunderbar in Empfang genommen: Eine kleine Musikgruppe spielt und unser Nachbar Françoise, der uns vom Flughafen abholt, hängt uns zur Begrüßung Blumenkränze um den Hals. Wir haben das Gefühl nach Hause zu kommen. Unser Gepäck ist übrigens auch mit uns angekommen. Hat Reinhard ja gleich gesagt.