Fast drei Monate sind seit unserem letzten Blogeintrag vergangen und wir erhalten schon die ersten Nachfragen, ob alles bei uns in Ordnung sei. Die gute Nachricht zuerst: Ist es!
Aber leider war es nicht so, als wir unsere sehnsüchtig erwartete Findus Ende Juli in Palma de Mallorca in Empfang nahmen.
Als wir im November 2018 den Vertrag mit dem zur Spliethoff-Gruppe gehörigen Yachttransport-Unternehmen Sevenstar (weltweit größte Anbieter nach eigenen Angaben) über den Transport unserer Findus schlossen, vereinbarten wir als Löschhafen Genua/Italien. Die Verladung sollte zwischen dem 01.-31.03.2019 stattfinden. Die Route war ohne längeren Zwischenstopp vorgegeben und ging von Newcastle/Australien via Neuseeland, Tahiti, Westküste USA, Panamakanal, Ostküste USA, England und Mallorca nach Genua.
Bereits Mitte Februar kamen wir in Newcastle an, um auf jeden Fall rechtzeitig zum Verladetermin vor Ort zu sein. Schließlich drohte für durch uns beim Ladetermin verursachte Verzögerungen eine Strafe in Höhe von 15.000,- EUR pro verursachter 24 Stunden.
Frohen Mutes warteten wir auf die Ankunft des Transportschiffs. Zwar legte schon ein paar Tage nach unserer Ankunft ein Boot der Spliethoff-Flotte an und lud auch Yachten auf, aber leider nur Schiffe, die in die USA transportiert werden sollten.
Für uns hieß es, weiterhin zu warten und zwar länger als geplant. Ich flog schon im März nach Deutschland zurück, Reinhard folgte entnervt im April.
In der Zwischenzeit waren uns mehrfach Transportschiffe angekündigt worden, die aus verschiedenen Gründen doch nicht kamen. Erklärungen gab es viele: Ein Schiff hatte auf dem Weg nach Australien eine wetterbedingte Verzögerung, musste anschließend länger auf Reede für den Hafenplatz in Südaustralien warten und hätte durch das Laden der wartenden Schiffe seinen notwendigen Werfttermin in Singapur verpasst.
Überhaupt war ein Großteil der Flotte in den Werften, da bis 2020 neue Emissionsregelungen für die Schifffahrt gelten und in die Schornsteine sogenannte Scrubber, eine Art Katalysator, eingebaut werden. Außerdem konkurrierten unsere Schiffe mit Windmühlen als Fracht und so weiter und so fort. Leider gab es an uns keine Zahlungen für die entstandenen Verzögerungen.
Nachdem bei Reinhard die zulässige dreimonatige Aufenthaltszeit schon fast wieder abgelaufen war, engagierten wir einen Skipper, der Findus vom Liegeplatz in der Marina in Newcastle zum Verladeplatz bringen sollte. Ende April war es dann endlich soweit. Findus wurde verladen, aber aus der direkten Route wurde ein Umladen in Singapur inklusive Routenänderung durch den Suez-Kanal. Auch ein kurzer Aufenthalt in der Marina in Singapur könnte möglich sein, hieß es. Der „kurze“ Aufenthalt dauerte schließlich knappe zwei Monate. Und das während der Monsunzeit mit einem Schiff mit durchgestecktem Mast, durch den trotz bester Vorkehrungen immer mal wieder Wasser seinen Weg ins Schiff finden kann. Zur Sicherheit hatten wir aber im Mastsumpf eine Automatikpumpe eingebaut.
Uns schwante trotzdem Böses. Die Hauptzentrale von Sevenstar in Amsterdam schickte zwar allen wartenden Eignern eine Mail und versicherte, dass unser und die weiteren „gestrandeten“ Schiffe in bester Obhut seien und alle zwei Tage gecheckt und inspiziert würden, aber wir hakten nach und baten um Details. Zumal wir auf einem uns zugesandten Foto entdeckten, dass das Achterstag nicht korrekt befestigt war. Erst später sollten wir feststellen, dass der Ausschnitt des Fotos wohl bewusst klein gehalten wurde.
Das Foto war eigentlich nur als Beleg gedacht, dass die Persenning über dem Steuerstand angebracht war und nicht mehr lose im Cockpit lag. Das hatten wir nämlich auf einem ersten Foto gesehen, auf dem ein loses Achterstag nicht zu erkennen war, was daran lag, dass es zunächst auch befestigt war. Weiterhin konnten wir dem Foto entnehmen, dass beim Festmachen nicht unsere bereitgelegten Festmacher mit Ruckdämpfer benutzt wurden, sondern firmeneigene Gurte, die ein hartes Einrucken nach sich ziehen.
Unsere Agentin in Bremen gab sich redlich Mühe, Antworten zu erhalten. Aber außer einer Mitteilung, dass das Achterstag nun korrekt befestigt sei, gab es trotz regelmäßiger Nachfragen keine Informationen. Wir hatten auch um eine Inneninspektion gebeten und wussten nicht, ob diese erfolgt war. Wegen der hohen Luftfeuchtigkeit in Singapur erwarteten wir daher ein innen mit Schimmel bewachsenes, quasi lebendiges Schiff ausgeliefert zu bekommen.
Wir machten uns also auf ein unschönes Bild in Genua gefasst. Doch apropos Genua: Als wir gerade die notwendigen Besorgungen wie Antifouling, neue Rettungsinsel etc. in Bremen in unser Auto geladen hatten, erreichte uns eine Mail von Sevenstar. Aus Genua würde leider nichts, unsere Findus könnte nur nach Mallorca transportiert werden. Nun hatten wir uns aus ganz bestimmten Gründen gegen Mallorca als Löschhafen entschieden. Mallorca ist teuer und Liegeplätze sind schlecht zu bekommen.
Doch da die einzige Alternative ein noch längerer Aufenthalt in Singapur zu sein schien, mussten wir wohl oder übel in der absoluten Hochsaison kurzfristig eine Unterkunft für die ersten Tage für uns und einen Liegeplatz für Findus auf Mallorca organisieren. Und wie sollten wir unsere Einkäufe dorthin bekommen? Rettungsinseln und Antifouling dürfen z.B. nicht im Flugzeug transportiert werden. Außerdem hatten wir auch gar keine Flugreise geplant, schließlich haben wir uns extra ein Auto gekauft, mit dem wir alles nach Italien transportieren wollten. Zum Glück gibt es u.a. von Toulon eine Fährverbindung nach Alcudia/ Mallorca. Und auch Sevenstar zeigte sich einsichtig und versprach uns einen Zuschuss zu den erhöhten Reisekosten. Was man uns allerdings nicht sagte war, dass wir auf diesen zwei Monate warten mussten und es diverser Nachfragen bedurfte, bis das Geld endlich überwiesen war.
Wir machen uns also auf den Weg nach Mallorca und konnten es nicht erwarten, unsere Findus einlaufen zu sehen. Am 26.07.2019 war es dann soweit und von der Ferne gab es auch keinen Grund zur Beunruhigung. Da die MV Gallia – ein aus Mangel an eigenen zur Verfügung stehenden Schiffen von Sevenstar gechartertes Transportschiff – erst spät am Abend in La Palma einlief, begann das Löschen am nächsten Morgen. Nachdem der Agent von Sevenstar auf Mallorca uns auch noch bei der Suche nach einem Liegeplatz behilflich war, schien einem baldigen Bordleben nichts mehr im Wege zu stehen.
Als wir am 27.07.2019 endlich an Bord der MV Gallia die Luke von Findus zum ersten Mal seit Monaten öffneten, erwarteten wir wie gesagt einen stechenden Geruch und grünhaarigen Bewuchs. Die Freude war groß, als wir entdeckten, dass Findus innen absolut trocken und schimmelfrei war. Allerdings währte die Freude nur einen kurzen Moment.
Es zeigten sich Fettspuren im Niedergang und diverse Ölflecken auf den Polstern und auf im Salon gelagerten Sachen. In der Bilge entdeckte Reinhard Öl. Die Ursache fand er beim Öffnen der Motorklappe. Der seitliche Verschluss für den Öleinfüllstutzen fehlte. Er lag in der Motorbilge im Öl. Durch den Überlauf hatte sich das Öl auch den Weg in die Schiffsbilge gesucht. Irgendjemand musste das gesamte Motoröl abgelassen haben. Der Ölmessstab zeigte kein Öl an. Weiterhin triefte Diesel aus den Kraftstoffzuläufen. Der Motor war somit erstmal nicht zu benutzen.
Nach dem ersten Schock ging die Inspektion außen weiter und wir mussten die Schadensliste gleich deutlich erweitern: U.a. abgeknickter und verbogener Heckkorb, gebrochene Klampen, geplatzte und fehlende Fender. Zusätzlich waren Deck und Rumpf mit Rostflecken übersät. Wir vermuten, dass sie von den rostigen Rohren, die als Bock für unser Nachbarboot dienten und vom Schweißen an Bord herrührten.
Noch während wir den Zustand unseres Schiffes verdauen mussten, erhielten wir Berichte der anderen Yachteigner, deren Schiffe mit an Bord der Gallia waren. Anscheinend war keine der von Singapur transportierten neun Yachten schadenfrei auf Mallorca angekommen. Andere hatte es sogar noch weitaus schlimmer getroffen: z.B. Batteriebänke unter Wasser, abgebrochener Windgenerator, demolierter Außenborder, durchtrennter Schlauch der Abflusspumpe von der Dusche und Wasser im Schiff.
Ein Gutachter der Versicherung wurde geschickt, um die Schäden aufzunehmen. Die Mitarbeiter von Sevenstar an Bord der Gallia versicherten uns, dass sie so etwas noch nicht erlebt hätten. Einen Reim auf die Schäden konnte sich niemand machen. Uns wurde gesagt, dass die Polizei ebenfalls an Bord käme, um die Crew zu verhören. Ob die Sabotage in Singapur oder an Bord erfolgte und vor allem warum, werden wir aber wohl nie erfahren.
Reinhard wurde gebeten, wieder Öl in den Motor zu füllen, um zu testen, ob wir nach dem Entladen mit Findus fahren können. Der nur kurze Test an Bord verlief positiv, der Motor sprang an. Aber ohne Kühlwasserzulauf von außen kann halt nicht lange getestet werden. Und so kam es wie es kommen musste: Als wir als zuletzt entladenes Schiff am Ende des Tages neben der Gallia im Wasser lagen, stellten wir fest, dass der Motor beschädigt und eine Fahrt nicht möglich ist. Unkompliziert organisierte der anwesende Agent von Sevenstar das Abschleppen in die nächstgelegene Marina, in der zufälligerweise auch unser reservierter Liegeplatz war. Damit war Findus die dritte Yacht, die nicht mit eigener Motorkraft in den Hafen fahren konnte.
Die Reparatur am übernächsten Tag durch einen Yanmar-Fachmann brachte einen Fremdkörper zum Vorschein, der den Kühlwasserzulauf blockierte. Er war wohl absichtlich hinter dem Filter und unmittelbar vor der Wasserpumpe platziert worden.
Wir haben die Schäden in der Werft Calanova beheben lassen und hätten einen Monat, nachdem wir Findus zurück erhalten haben, die Angelegenheit abschließen können. Aber da haben wir die Rechnung ohne Sevenstar gemacht.
Immer wieder mussten wir nachfragen und letztendlich mit juristischen Konsequenzen drohen. Irgendwann erhielten wir die Nachricht, dass die Versicherung unsere Schadensaufstellung anerkennen würde, wir aber eine Selbstbeteiligung von 3.000,- EUR hätten. Man würde jedoch prüfen, wieweit man uns noch bei den Kosten entgegen kommen könne. Alle Schäden beruhten unserer Meinung nach unzweifelhaft auf Vorsatz bzw. grober Fahrlässigkeit und waren von Sevenstar zu vertreten.
Letztendlich hat man sich dort nach unserer Intervention auch entschieden, uns die Selbstbeteiligung in voller Höhe zu erstatten. Die Zahlung war dann aber auch wieder zäh und erfolgte erst nach erneutem Nachhaken. Schließlich wollten wir nicht wieder zwei Monate auf unser Geld warten. Auch das Geld von der Versicherung ist mittlerweile eingegangen.
Würden wir Findus wieder mit Sevenstar transportieren lassen? Schwer zu sagen, denn wir haben unsere Findus zurück und sie ist wieder vollkommen in Ordnung. Aber eine Empfehlung für Sevenstar auszusprechen, fällt uns dann doch schwer. Insbesondere halten wir die innerbetriebliche Kommunikation und die Informationspolitik für stark verbesserungsbedürftig. Oft hatten wir schon früher als unsere nette Agentin Informationen aus dem Internet oder von den anderen Eignern der mit Findus transportierten Yachten erhalten.
Quasi als i-Tüpfelchen erfuhren wir erst zufällig im Rahmen der Schadensregulierung davon, dass bereits in Singapur ein Gutachter der Versicherung von Sevenstar die ersten Schäden wie den geknickten Heckkorb und die gebrochene Klampe aufgenommen hatte. Außerdem wurde schon dort festgestellt, dass am Achterstag der Bolzen fehlte. Weder unsere Agentin noch wir sind hierüber trotz vieler Nachfragen informiert worden.
Letztendlich sind wir aber der Auffassung, uns richtig entschieden zu haben. Lieber zwei Monate Verzögerung mit Ärger, als insbesondere die Unwägbarkeiten von Piraterie. Schließlich hat auch unser Transportschiff, die MV Gallia, mit bewaffneten Sicherheitsleuten das Horn von Afrika passiert.